Zu früh gefreut!

Zu früh gefreut

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts zu unserem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz liegt nun vor und hat uns aller Illusionen beraubt. Das Gericht lehnt unseren Antrag ab und bekräftigt den Bescheid des Gewerbeaufsichtsamtes. Uns ist es also weiter unter Androhung von Zwangsgeld verboten, Liquids und Basen mit mehr als 16,7 mg/ml online zu verkaufen, weil sie nach Ansicht des Gerichtes als so giftig eingestuft werden, dass sie mit einem Totenkopf gekennzeichnet werden müssen und darum nicht mehr online verkauft werden dürfen.

Die Aussetzung der sofortigen Vollziehung bis zur Klärung in den letzten Wochen, in denen wir zwischenzeitlich wie früher verkauften, war ein gewähltes Mittel, um den zeitlichen Druck aus dieser Angelegenheit zu nehmen. Das Gericht hat so nicht innerhalb von wenigen Tagen entscheiden müssen, sondern hatte Zeit, sehr aufwändig auszuarbeiten, warum sie dem Bescheid des Gewerbeaufsichtsamts folgen. So ist dann auch klar, wie die Entscheidung im Hauptverfahren ausfällt, den ja die selbe Kammer bearbeitet.

Dazu wurde der Streitwert so unrealistisch hoch angesetzt, dass alles auch so teuer ist, dass man garantiert aufgibt.

Dieser Beschluss ist viele Seiten lang, aber enthält einige denkwürdige Abschnitte. Unter anderem der Grund für diese strenge Maßnahme, der darin liegt, dass „ eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter durch die unsachgemäße Abgabe gefährlicher Chemikalien droht“ und der ganz lapidare Satz: „Auch der Vortrag der Antragstellerin, sie werde rechtswidrig gegenüber anderen Mitbewerbern benachteiligt, weil in anderen Bundesländern und EU-Mitgliedsstaaten weiterhin der alte ATE-Wert von 50 mg/kg angewendet werde, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG resultiert hieraus nicht.“

Für alle, die der Inhalt interessiert, führen wir die wichtigsten Abschnitte weiter unten auf.

Wen es nicht interessiert: Für uns heißt das also weiter, dass wir wirtschaftlich benachteiligt werden. Und was heißt es für Euch? Passt auf Leib und Leben auf, wenn ihr mit diesen gefährlichen Chemikalien umgeht.

Abschnitte

Hier ist einmal die Kernaussage aus dem Beschluss zitiert. Darin wird begründet, warum die in unserer Branche allgemein übliche Praxis der Mindesteinstufung von Nikotingemischen, bei der man auf einen Wert von ca. 50mg/ml kommt, ab dem frühestens mit einem Totenkopf gekennzeichnet werden muss, nicht richtig sei. Die Mindesteinstufung gilt:

„wenn keine der nachstehenden Bedingungen gegeben ist: Der Hersteller oder Importeur hat Zugang zu in Anhang I Teil 1 genannten Daten oder anderen Informationen, die zur Einstufung in eine im Vergleich zur Mindesteinstufung strengere Kategorie führen. Dann gilt die strengere Einstufung in die höhere Kategorie.“

„Hier lagen „andere Informationen” im Sinne der Verordnung vor, die hinsichtlich der oralen Toxizität von Nikotin zur Einstufung in eine im Vergleich zur Mindesteinstufung strengere Kategorie führen. Zwar genügt nicht jedwede wissenschaftliche Studie, um die Mindesteinstufung eines Stoffes abzulösen. Vielmehr muss die Information solches Gewicht und solche Aussagekraft haben, dass sie eine grds. Neubewertung der Toxizität eines Stoffes rechtfertigt. Eine Information, die diesen Anforderungen genügt, lag hier vor.

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat am 10. September 2015 einen Vorschlag ihres Ausschusses für Risikobeurteilung (Committee for Risk Assessment- RAC -) zur Neubewertung der Klassifizierung und Kennzeichnung von Nikotin einstimmig angenommen und ein entsprechendes Dossier veröffentlicht (http://echa.europa.eu/documents/10162/f9510930-4e5e-45ff-bb3a-888cefaf6592)

Das RAC hat sich auf Initiative der Niederlande über mehrere Monate hinweg mit der Überprüfung der Toxizität von Nikotin befasst und hierzu eine Vielzahl von Studien ausgewertet. Danach liegt der Wert für die akute orale Toxizität von Nikotin nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft bei 5 mg/kg (LD50 – 5mg/kg Körpergewicht). Daraus resultiert nach der von der ECHA adaptierten Auffassung des RAC die nachfolgende Neubewertung der Kategorisierung von Nikotin nach der Tabelle 3.1.“

Dass diese Adaption der ECHA erst am 10.09.2015 erfolgte wird auch aufgeführt, den ersten Bescheid erhielten wir aber schon im August.

Für besonders denkwürdig halten wir das Ende dieses Absatzes: „Auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geht davon aus, dass es hierbei um die „aktuellste wissenschaftliche Bewertung” handelt (Beiakte ,A’, Schreiben der BAUA vom 12. Oktober 2015). Substantiierte inhaltliche Zweifel vermag die Antragstellerin nicht zu begründen. Die von ihr vorgelegte Studie der Bibra (Bibra toxicology advice & consulting, Großbritannien) begründet keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Neubewertung der ATE. Zum einen ist die Bibra-Studie älter als das Dossier der ECHA. Zum anderen ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Bibra-Studie von einem Interessenverband der Elektrozigaretten-Industrie – der ECITA (Electronic Cigarette Industry Trade Asociation) – in Auftrag gegeben wurde, so dass Zweifel an der Unparteilichkeit dieser Studie nicht ausgeschlossen werden können.

Da ist sie wieder, die unterstellte Lobbyarbeit der Dampf-Branche.

Auf diese Erfahrung mit den Autoritäten hätten wir gern verzichtet.

Susanne Härtel
COO

VAPE GmbH

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